Geschichte des Dhagpo-Kagyü-Mandalas

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Dhagpo Puntsog Ling, Le Bost, Auvergne

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Von Frankreich nach Möhra

Das Dhagpo-Kagyü-Mandala

In den 70er Jahren reiste der 16. Gyalwa Karmapa Rangjung Rigpe Dorje drei Mal in den Westen. Dabei gewann er den Eindruck, dass die Lehre Buddhas den Menschen hier helfen kann, besser mit ihren Problemen umzugehen. Er bat daher Gendün Rinpoche, sich in Europa niederzulassen, um den Dharma zu lehren. Als Ort für sein Hauptzentrum wählte der 16. Karmapa ein Gelände in der Dordogne, Frankreich, das ihm Bernhard Benson, ein amerikanischer Industrieller, geschenkt hatte. Der 16. Karmapa gab dem Ort den Namen Dhagpo Kagyü Ling (Ort, an dem die Dharmaübertragung, wie sie von dem Meditationsmeister Gampopa ausging, weitergegeben wird).

1975 folgte Gendün Rinpoche diesem Wunsch und kam zusammen mit Jigme Rinpoche nach Frankreich. Sie kamen ohne jegliche persönliche Ziele oder Wünsche – ihr einziges Interesse bestand darin, Karmapas Auftrag auf bestmögliche Art zu verwirklichen. Sie taten dies mit unglaublicher Geduld und Hingabe und ohne je ein Wort über die schwierigen Lebensumstände zu verlieren.

Die ersten am Dharma Interessierten besuchten den Ort; einige von ihnen blieben und wurden Gendün Rinpoches Schüler. Im Lauf der Zeit bildete sich eine Gemeinschaft von Praktizierenden, mit deren Hilfe auch der äußere Aufbau des Zentrums stattfinden konnte. In diesen ersten Jahren wurde der Dharma im direkten Zusammenleben von Lehrern und Schülern weitergegeben. Gendün Rinpoche hatte alles, was er lehrte, selbst zutiefst verwirklicht und das war die Kraft, die viele Menschen inspirierte, seinem Vorbild zu folgen. An seinem lebendigen Beispiel und dem der anderen Lamas erlebten die Schüler, wie man die Lehren von Liebe, Mitgefühl, Achtsamkeit und Weisheit im täglichen Leben anwendet. So wuchs in ihnen allmählich ein tiefes Vertrauen in den Dharma.

Entsprechend dem Auftrag des 16. Karmapa gegenüber Gendün Rinpoche und Jigme Rinpoche, unter anderem ein Kloster, einen Tempel, ein Institut, Dharmazentren und Retreatplätze zu schaffen, wurde in der kleinen Ansiedlung Le Bost in der Auvergne (Frankreich) ein passender Platz gefunden, der Dhagpo Kündröl Ling (Ort, wo alles befreit wird) genannt wurde. 1984 fand im ehemaligen Haus von Arnaud Desjardin unter der Anleitung von Gendün Rinpoche das erste Dreijahresretreat statt. Als drei Jahre später die nächste Gruppe in Le Bost ein Dreijahresretreat absolvieren wollte, baute sich die erste Gruppe für ihr zweites Dreijahresretreat ein Retreathaus. Parallel betreute Gendün Rinpoche in dieser Zeit auch ein Dreijahretreat in Halscheid (Deutschland).

Als ein Schüler Gendün Rinpoche 1991 ein Haus mit großem Garten als Geschenk anbot, wurde damit der Grundstein für Laussedat gelegt, da die Retreats für die Frauen ab der dritten Generation alle dort stattfanden. Während der Retreats unter Gendün Rinpoches Anleitung bekamen die ersten westeuropäischen Dharmapraktizierenden eine fundierte Ausbildung und erhielten die wesentlichen Übertragungen der Karma Kagyü-Schule. Es folgten weitere Dreijahresretreats. Nach Abschluss dieser Retreats wurde in Frankreich ein Ort benötigt, an dem Mönche und Nonnen leben und ihre Praxis weiterführen konnten. Die Gemeinschaft von Dhagpo Kündröl Ling erwarb ein angrenzendes Stück Land und es wurde mit dem Bau der Klosteranlagen begonnen. Das Männerkloster in Le Bost wurde 1994 fertiggestellt, 1996 das Frauenkloster in Laussedat.
Gendün Rinpoche sagte dazu: »Das Kloster ist mehr als nur ein Wohnort für Mönche und Nonnen. Eine Klostergemeinschaft ist wichtig für die Bewahrung und Weitergabe des Dharma, da ihre Mitglieder sich mit all ihrer Zeit und Energie dieser Aufgabe widmen können.«

Bereits 1993 wurde zusätzlich mit dem Bau eines Tempels begonnen, der inzwischen ebenfalls fertiggestellt ist. Dhagpo Kagyü Ling und die Klostergemeinschaften Dhagpo Kündröl Ling in Le Bost und Laussedat bildeten damit das Fundament für das Dhagpo-Kagyü-Mandala.

Gendün Rinpoches Aktivitäten im deutschsprachigen Raum

Seit seiner Ankunft 1975 in Frankreich reiste Gendün Rinpoche häufig durch Europa und folgte damit vielen Einladungen von Personen, die in Dhagpo Kagyü Ling an seinen Kursen teilgenommen hatten. In einigen deutschen Städten fanden sich Praktizierende in Zentren zusammen, in denen Gendün Rinpoche regelmäßig unterrichtete. Im 1981 von Shamar Rinpoche eingeweihten Kamalashila-Institut (Mechernich), lehrte Gendün Rinpoche regelmäßig verstärkt ab 1986, während unter seiner Anleitung ein Dreijahresretreat in Halscheid stattfand.

Gendün Rinpoche, der vom 16. Karmapa als Linienhalter anerkannt worden war, zog aufgrund seiner Realisation, seines von Offenheit und Liebe strahlenden Geistes und seines überwältigenden Mitgefühls Menschen von sehr unterschiedlicher religiöser und sozialer Zugehörigkeit an.

1995 wurde auf Initiative von Gendün Rinpoche der Verein Karma Kündröl Püntsok Ling (KKPL) gegründet und zur gleichen Zeit in Niederbayern das Zentrum Jägerndorf als erstes deutsches Zentrum des Dhagpo Kagyü-Mandalas eröffnet. Zu dieser Zeit begannen die deutschsprachigen Lamas, die in Frankreich während der Dreijahresretreats ihre Ausbildung bei Gendün Rinpoche bekommen hatten, in Deutschland, Österreich, Italien, Griechenland und der Schweiz zu unterrichten. Daraufhin bildeten sich hauptsächlich in den Städten zahlreiche Dharmagruppen. Viele Praktizierende trafen sich zudem ab 2001 jährlich zum Karma Kagyü-Osterkurs in Fulda, der sich zu einer zentralen Veranstaltung des Mandalas im deutschsprachigen Raum entwickelte.

Entsprechend den Wünschen des 17. Gyalwa Karmapa, Shamar Rinpoches, Gendün Rinpoches und Jigme Rinpoches wurde weiter nach einem Zentrum in der Mitte von Deutschland Ausschau gehalten. Die intensive Suche einiger Lamas und Laienpraktizierender wurde 2004 belohnt – in Thüringen wurde ein Gebäude gefunden. Ende 2004 trafen sich Lama Yeshe Sangmo und Hans-Erich Frey, als Vertreter der deutschen Lamas, mit dem Bürgermeister der Gemeinde Moorgrund, Udo Schilling, und bekundeten ihr Interesse an dem Gebäude, das damals den Namen »Kosmos« trug und zuletzt als Ferienerholungsheim genutzt worden war. Der Architekt Oskar Laser wurde beauftragt, die Gebäudesubstanz des seit einigen Jahren unbewohnten Hauses zu prüfen. Als dem 17. Gyalwa Karmapa Thaye Dorje Fotos vom Haus gezeigt wurden, sagte er: »We should buy it.« Und als 2005 Jigme Rinpoche das Haus im Anschluss an den Osterkurs besichtigte, guckte er tiefer und meinte, trotz des damaligen desolaten Zustandes des Hauses: »Very nice.«

Am 30. August 2005 konnte das Gebäude schließlich im Rahmen einer Versteigerung erworben werden. Wenige Tage später segnete Jigme Rinpoche den Platz und weihte das Dharmazentrum Möhra ein. Zur Eröffnung kamen neben zahlreichen Gästen aus ganz Deutschland auch viele Bürger der Gemeinde Moorgrund. Das Dharmazentrum Möhra ist heute der Hauptsitz des Dhagpo-Kagyü-Mandalas im deutschsprachigen Raum und wird von den Lamas und Drublas des Dhagpo-Kagyü-Mandalas, die ihre Ausbildung bei Gendün Rinpoche erhalten haben, betreut. Es wird getragen vom Verein Karma Kündrol Püntsok Ling, dessen spiritueller Leiter der 17. Gyalwa Karmapa Thaye Dorje ist.